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butzel86.
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4. Februar 2009 um 23:03 Uhr #6475
Systematische Therapiemöglichkeiten
Ich möchte hier kurz einen Überblick über die etwas härteren Behandlungsmethoden bei Neurodermitis geben. Diese Therapien können sinnvoll sein, wenn eine lokale Therapie mit Kortison oder Tacrolimus nicht ausreicht. Alle Medikamente sind natürlich verschreibungspflichtig. Genauer etwas schreiben werde ich zu folgenden Mitteln:
- Kortison (Bspw. Prednison, Urbason,…)
- Ciclosporin (Bspw. Immunosporin oder Sandimmun)
- Methotrexat (kurz: MTX)(Bspw. Lantarel)
- Biologics (Bspw. Raptiva oder Enbrel)
Kortison
Kortison kann entweder als Tablette genommen oder als Injektion in einen Muskel oder Vene gegeben werden. Es wirkt bei den meisten Neurodermitikern schnell und zuverlässig. Da Kortison ein körpereigenes Hormon ist, muss man es, wenn man es über längere Zeit genommen hat ausschleichen, damit der Körper selbst wieder beginnt das Hormon zu produzieren. In der Regel muss man Ausschleichen, wenn man für mehr als drei Tage Kortison genommen hat. Das Ausschleichen zieht sich dann oft über einige Wochen bis vielleicht sogar Monate, weshalb ich persönlich versuche das zu vermeiden.
Nebenwirkungen: Kortison hat, wenn es über längere Zeit verwendet wird, einige gravierende Nebenwirkungen, weshalb es sich (innerlich angewandt) meiner Meinung nach nicht zur längerfristigen Therapie eignet. Auf längere Sicht nimmt die Knochendichte ab, die Nebennierenrinde kann Schaden nehmen und es macht abhängig (mit der Zeit braucht man für gleichen Behandlungserfolg eine höhere Dosis). So wie es heute aussieht führt Kortison auch zu (vorübergehenden) Herzrhytmusstörungen, selbst bei einmaligem Gebrauch. (Quelle: http://www.transplantation.de/221.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=408&tx_ttnews%5BbackPid%5D=233&cHash=2613221759)
Dosis: Die Dosis bei Neurodermitis schwankt zwischen ca. 10 mg bis ca. 250 mg. Wobei 250 mg schon sehr extrem ist und nur wenige Tage genommen werden sollte. Zum abfangen eines Schubs helfen 3 Tage mit 50 mg bei den meisten schon sehr gut.
Fazit: Für wenige Tage kann man sich ganz gut mit Kortison über einen Schub hinweg helfen. Eine Dauertherapie halte ich für veraltet und würde ich im Leben nicht mehr machen.Ciclosporin
Ciclosporin ist ein ähnlicher Wirkstoff, wie der von Elidel oder Protopic. Es wurde eigentlich für die Transplatationsmedizin entwickelt und unterdrückt die Immunreaktion des Körpers. Ciclosporin wird in Form von Kapseln genommen. Der Wirkstoff ist bei Neurodermitis in Deutschland für Behandlungsdauern von bis zu 6 Monaten zugelassen. Längere Behandlungen (bis zu 2 Jahren) sind aber auch möglich.
Nebenwirkungen: Es gibt im ersten Moment beängstigend viele mögliche Nebenwirkungen. Von Bluthochdruck über Krampfanfälle bis zum Nierenversagen findet man so gut wie alles in der Packunsbeilage. Allerdings treten die Nebenwirkungen nicht plötzlich auf, sondern lassen sich durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen rechtzeitig erkennen um ihnen entgegen zu wirken. Aufpassen muss man, wie bei der Anwendung von Elidel/Protopic, mit UV-Licht. Vor allem Sportler sollten wärend der Ciclosporin Therapie zusätzlich Magnesium schlucken, da der Magnesiumspiegel im Blut bei der Behandlung fast immer deutlich sinkt. Dabei muss man aufpassen, dass man keine Nahrungsergänzungsmittel nimmt, in denen Kalium enthalten ist, da der Kaliumspiegel durch Ciclosporin manchmal etwas erhöht wird. Also wenn man regelmäßig zu den Kontrolluntersuchungen geht, auf seinen Magnesiumspiegel achtet und auf eine korrekte Dosierung Wert legt treten keine bleibenden Nebenwirkungen auf.
Dosis: Die richtige und genaue Dosierung ist bei Ciclosporin sehr wichtig. Im Gegensatz zu Kortison und MTX muss die Dosis in Abhängigkeit vom Körpergewicht berechnet werden. Dabei liegt die Höchstdosis bei ca. 5 mg pro kg Körpergewicht. Wärend der Therapie sollte man sein Gewicht auf jeden Fall überwachen! Wer innerhalb von dem halben Jahr 10 kg zu- oder abnimmt muss die Dosis anpassen.
Fazit: Ciclosporin hilft leider nicht ganz so zuverlässig, und vor allem auch längst nicht so schnell (Ansprechzeit: ca. 3-4 Wochen) wie zum Beispiel Kortison. Aber wenn es hilft, ist es besser verträglich als Kortison und durchaus eine Lösung für einige Zeit. Laut Hersteller hält die Wirkung von Ciclosporin nach Beendigung der Therapie noch einige Zeit nach und die Neurodermitis sollte dann weniger schlimm wieder kommen. Das kann ich von mir selbst zwar nicht bestätigen, aber vllt. stimmts bei anderen ja. Aber auf jeden Fall gewöhnt sich der Körper nicht an Ciclosporin und bei einer zweiten Ciclosporin Therapie benötigt man für den gleichen Erfolg keinen höhere Dosis. Das ist ein großer Vorteil gegenüber Kortison. Ein Punkt, den vor allem Sportler häufig stark stört, ist die Neigung zu Krämpfen aufgrund des Magnesium Mangels. Wenn man viel Sport macht merkt man den Effekt auch tatsächlich nach dem ersten Behandlungstag. Das ist zwar unangenehm und macht vllt. auch etwas Angst lässt sich aber wie gesagt durch Magnesiumtabletten beheben. Im Moment nehme ich Ciclosporin und traininere gleichzeitig auf einen Halbmarathon hin und ich habe keine Probleme.Methotrexat (MTX)
MTX kommt ursprünglich aus der Krebstherapie und warum es bei Hautkrankheiten hilft weiss ich auch nicht so genau. Bei Psoriasis hat man mit der Behandlung schon relativ lange Erfahrung, für Neurodermitis ist es nicht zugelassen. Das bedeutet, dass Ärzte einem MTX bei Neurodermitis nur verschreiben dürfen, wenn alle anderen schulmedizinischen Therapien ausprobiert wurden und wenn die allgemeine Gesundheit ausreichend gut ist. MTX gibt es in Form von Tabletten, subcuralen (=unter die Haut, nicht bis in den Muskel) und intravenösen Injektionen. In Tablettenform treten bei MTX häufiger Nebenwirkungen auf als bei den Injektionen und da man subcurale Injektionen auch selbst machen kann, entscheidet man sich meistens für diese Form. Der Wirkstoff muss auch nur ein mal pro Woche gespritzt werden.
Nebenwirkungen: Bei den Nebenwirkungen gilt ähnliches wie bei Ciclosporin. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind sehr wichtig um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. Insgesammt würde ich MTX als „gefährlicher“ im Vergleich zu Ciclosporin einschätzen. Zum Beispiel ist mir ein Fall bekannt, bei dem die Leber schon nach der ersten Injektion dauerhaft schwer geschädigt wurde. MTX verändert relativ häufig das Blutbild, das wird bei jeder Untersuchung mit kontrolliert. Da MTX der Folsäure chemisch sehr ähnlich ist, kann man durch Gabe von Folsäure die Nebenwirkungen, allerdings gleichzeitig auch die gewünschte Wirkung von MTX reduzieren. Ob man Folsäure nehmen sollte und wann ist eine Frage, die sich nicht eindeutig beantworten lässt. Obwohl man bei Psoriasis Patienten viele Jahre Erfahrung hat schwanken die Behandlungsstrategien in dieser Hinsicht deutlich. Die meisten Ärzte geben 24 Stunden nach Einnahme des MTX Folsäure. Andere warten ab, bis die ersten Nebenwirkungen auftreten und widerrum andere geben täglich Folsäure. Ansonsten ist bei MTX noch zu erwähnen, dass es wärend und bis zu 3 Monate nach der Therapie zu keiner Schwangerschaft kommen darf (und Männer dürfen keine Kinder zeugen), da sonst damit zu rechnen wäre, dass das Kind mit schweren Schäden zur Welt käme.
Fazit: MTX braucht ca. 6 Wochen bis es wirkt und es handelt sich dabei nicht um irgendwelche Hustenbonbons. Wenn man alles durch hat und auch Ciclosporin keine ausreichende Besserung brachte ist es vielleicht einen Versuch wert. Mir hatte es überhaupt nichts gebracht, ich kenne aber auch einen Fall der mit MTX hervorragend klar kommt und dem es wirklich sehr gut geht.Biologics
Biologics sind die modernsten Medikamente zur Behandlung von Hautkrankheiten. Wie auch bei Ciclosporin und MTX gibt es Erfahrungen bei Psoriasis Patienten. Für Neurodermitis ist es nicht zugelassen, aber bspw. an der Uniklinik Bonn ist eine Studie zu Raptiva bei Neurodermitis in Planung. Biologics sind die einzigen hier vorgestellten Mittel, die ich selbst noch nicht genommen habe. Allerdings stand es bei mir schonmal zur Diskussion und deswegen habe ich mich etwas mit dem Thema befasst. So wie ich es jetzt einschätze werde ich wohl erstmal bei Ciclosorin bleiben, da die Erfahrungen mit Raptiva oder Enbrel noch relativ begrenzt sind. Vor einiger Zeit sind zwei Fälle in den USA aufgetreten, wo zwei Raptiva Patienten an einer sehr seltenen Krankheit gestorben, die wahrscheinlich durch Raptiva ausgelöst wurde. Die Patienten waren zwar beide schon älter und nahmen Raptiva seid Jahren aber trotzdem finde ich persönlich das etwas beunruigend.
Aber man sollte auch erwähnen, dass viele Psoriasis Patienten von MTX auf Enbrel wechseln, weil sie mit der Wirkung von MTX nicht zufrieden waren. Fast immer sind sie mit der Wirkung sehr zufrieden..ältere Diskussionen mit ähnlichem Inhalt:
4. Februar 2009 um 23:23 Uhr #25339Wow nabla, das is ja toll! Ich werds mir morgen noch genauer durchlesen. Was ich aber gleich sagen wollt: magst du das nicht auch im Blog posten?
5. Februar 2009 um 21:42 Uhr #25340So, habs mir grad in Ruhe durchgelesen und finds echt interessant, nochmal so als Überblick! Bei schwerer Neurodermitis sollte man sich eine Behandlung mit Ciclosporin oder ähnlichem echt überlegen, bevor man sich jahrelang so sehr quält.
Wie schnell machen Ärzte eigentlich so eine Therapie? Sagt man „will ich mal probieren“ und dann machen die’s, oder müssen die echt gesehen haben, dass man mit hochdosierten Cremes nicht weiterkommt und echt leidet? Bei Protopic heißts ja glaub ich auch, dass man das nur kriegt, wenn herkömmliche Behandlungen nicht anschlagen, aber meine Ärzte haben das bisher immer als Alternative zu Cortison gesehen, ich brauch nur fragen und ich kriegs.
Was mich auch noch interessiert: warum gibts eigentlich so viele Studien zu Psoriasis-Therapien und so wenige Erfahrungen bei Neurodermitis?
Danke nochmal für diesen Beitrag!
Viele Grüße, Helene
6. Februar 2009 um 0:03 Uhr #25342Ich bin immer in der Uniklinik in Behandlung. Die kennen mich jetzt seid knapp 3 Jahren und haben auch erst versucht mit lokal Therapien die Nd in den Griff zu bekommen. Da ich aber trotzdem ca. 2 mal pro Jahr stationär kommen musste hat man mir dann relativ schnel vorgeschlagen mal über Ciclosporin nach zu denken. Am Anfang war ich da gar nicht begeistert von und hab ca. ein Jahr lang Ciclosporin abgelehnt.
In einer Uniklinik „überwachen“ einen immer mehrere Ärzte. Also in der Sprechstunde sitzen junge Assistenzärztinnen, die sich mit dem Fall erst mal beschäftigen und Sachen wir lokal Therapien selbst entscheiden können. Alles was weiter geht besprechen die wöchentlich mit den Oberärzten und Chefärzten. Von daher verteilt sich die Verantwortung auf mehrere Ärzte und eine Uniklinik hat relativ viel Erfahrung mit Ciclosporin Therapien. Daher greifen die schneller zu den härteren Sachen als niedergelassene Ärzte. Dafür sind Polikliniken ja eigentlich auch da..Auf jeden Fall muß vor einer Therapie mit einem der Mittel das Blut untersucht werden und unter Umständen wollen die Ärzte auch noch weitere Untersuchungen, um sicher zu gehen, dass man wirklich gesund ist. Bei Ciclo reichte glaub ich eine Blut- und Urinuntersuchung. Bei MTX musste noch ein Röntgenbild der Lunge und eine Ultaschalluntersuchung der Leber, Nieren und Milz her. Zusätzlich sollte man sich ein wenig mit der Therapie auseinander gesetzt haben und wissen, was wärend der Therapie nicht geht (z.B. kein Alkohol, keine UV-Bestrahlung, bei Ciclo Kaliumreiche Nahrung meiden,…). Das einem das alles bewusst ist muss man vor der Behandlung auch unterschreiben.
Also einfach zum Arzt gehen und sofort mit einem Rezept nach Hause gehen sollte eigentlich nicht gehen, das zieht sich mind. eine Woche.Rechtlich gesehen zählt Ciclosporin zu den Standardmedikamenten bei Neurodermitis. Also es ist für Neurodermitis zugelassen.
Wenn man unbedingt, warum auch immer, MTX oder ein Biological haben will geht das in aller Regel nicht ohne Ciclosorin versucht zu haben.Warum alle Medikamente erst bei Psoriasis zugelassen werden und dann erst bei Neurodermitis weiss ich nicht. Kann es sein, dass Psoriasis bei Erwachsenen einfach deutlich häufiger vorkommt als schwere Neurodermitis?
6. Februar 2009 um 20:08 Uhr #25343wie schreib ich eigentlich was in den Blog? Ich finde da nirgendwo ein Feld zum anmelden.
6. Februar 2009 um 20:36 Uhr #25341Äh, achso, du wirst da noch keinen Account haben. Ich schreib Max, dass er dir einen erstellen soll, er ist nämlich ganz scharf auf Fachartikel im Blog 🙂
28. April 2010 um 18:27 Uhr #25345Hier mal ein Link zu Neurodermitis-Therapien für alle, die es ganz genau wissen wollen.
http://portal.dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta142_bericht_de.pdf
Herausgeber ist das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information, Köln 2006
Besonders interessant finde ich folgenden Beitrag (–>>@nabla):
Ein interessanter neuer therapeutischer Ansatz ist die Hyposensibilisierung bei Neurodermitis, die sich in Bezug auf Hausstaubmilbenallergene als wirksam erwiesen hat …28. April 2010 um 19:24 Uhr #25344super Artikel.
Das mit der Hyposensibilisierung ist wirklich sehr interessant. Ich habe Freitag einen Termin mit der Öberärzting und dann wird besprochen, was wir jetzt machen. Jetzt bin ich doch noch etwas überzeugter als vorher, dass wir das probieren sollten.28. April 2010 um 21:06 Uhr #25346Hyposensibilisierung mit Kortison und Immunsuppressiva als (schulmedizinische) ND-Behandlung sozusagen in einem Satz, habe ich auch noch nie gesehen.
Wir sind gespannt auf deine Erfahrungen und deine Berichte.11. Juni 2011 um 19:57 Uhr #25347da es hier noch nicht mit in der liste auftaucht, wollte ich es doch mal verlinken.
etwas für die schweren fälle, nähere infos siehe link:http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-070.pdf
lg tropfen
16. Juni 2015 um 22:39 Uhr #25348Cortison lindert kurzzeitig den Juckreiz aber schädigt unserer Haut so sehr. Das ist das schlimmste, was wir unserer Haut antun können.
27. Januar 2023 um 11:26 Uhr #93210Hallo liebe Community,
Ich bin 36 Jahre alt und habe im Rahmen meiner Arbeit eine extreme Verschlechterung meiner AD gehabt. Nun hatte ich nach der Meldung an die Berufsgenossenschaft einen Termin in einer Hautklinik. Mir wurde dort mitgeteilt meine Neurodermitis wäre zu schlimm um etwas anderes als eine systemische Therapie zu versuchen. Dann wurden mir 3 Medikamente vorgestellt. Dupixent, Adtralza und Rinvoq…alle 3 sollen aber relativ schwere Nebenwirkungen haben. Wie entscheidet man das denn nun? Hat jemand Erfahrungen mit diesen Medikamenten? Im Internet finde ich nur sehr wenig Information. Ich muss dazu sagen, dass ich unter Arbeitskarenz beschwerdefrei bin. Finde es daher etwas merkwürdig dass die BG mir solche Medikamente zumutet. Was soll ich nun machen?
Liebe Grüße
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