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1. April 2008 um 18:53 Uhr #5895
Hallo Liebe Forengemeinde,
zunächst muss gesagt werden, dass ich heute, im Alter von 22 Jahren, kaum mehr an Neurodermitis leide. Regelmäßig habe ich noch unproblematische Ekzeme an den Armen und Händen, die sich aber durch Kortisonsalben leicht bändigen lassen. Selbst wenn ich die Ekzeme überhaupt nicht behandle, verschwinden sie früher oder später wieder.
Dennoch verspüre ich den Drang, mich zum Thema Neurodermitis, meiner Leidensgeschichte und den für mich hochproblematischen psychischen Folgen zu äußern.
Meine ganze Kindheit habe ich unter starker Neurodermitis gelitten, die sich nahezu am ganzen Körper ausgebreitet hatte. Von meinem zweiten bis zu meinem zehnten Lebensjahr war die Neurodermitis bei mir sehr aktiv.
Statt zu einem Hautarzt zu gehen, was ja eine – vermeintlich für jeden – bei Hauterkrankungen vernünftige Entscheidung sein sollte, ließen mich meine Eltern nur durch den Kinderarzt behandeln, der meiner Meinung nach nur begrenzte Ahnung über Neurodermitis hatte. Dazu hatte er wohl eine sehr kritische Einstellung gegenüber Kortison. Einmal, als ich im Kindesalter Kortisonsalben erhalten hatte, ging es meiner Haut schnell besser. Nach Absetzen der Kortisonsalbe jedoch bekam ich wieder einen sehr starken Ausbruch der Neurodermitis. Danach hat meine Mutter entschieden, dass Kortison ab jetzt keine Option mehr ist, was ich ihr auch heute noch verüble. Stattdessen behandelte man mich mit verschiedensten Cremes, die aber alle relativ nutzlos waren. Weiterhin meinte meine Mutter, das Problem auch psychologisch angehen zu müssen und ging mit mir zu einem Heilpraktiker, dessen „Therapie“ völlig unsinnig war und auch nicht half.
Bei Stresssituationen brach meine Neurodermitis besonders stark aus. Insbesondere als wir an unserem Haus anbauten, verschlimmerte sich meine Erkrankung sehr durch den Stress und natürlich den vermehrten Staub und Dreck.
Urlaube am Mittelmeer brachten zeitweise eine gewisse Besserung der Erkrankung, bei einem Urlaub an der Nordsee dagegen verschlimmerte sich der Hautzustand massiv. Im Alter von neun Jahren ging ich für vier Wochen auf Kur ans tote Meer. Diese Zeit war nervlich sehr belastend für meine Mutter und mich, auch diese Kur brachte keine Besserung.
Weiterhin musste ich im Alter von neun Jahren wegen einer Herpeserkrankung, die sich am ganzen Körper ausgebreitet hatte, ins Krankenhaus, wo ich auch massiv mit Kortison behandelt wurde und siehe da – die Neurodermitis ging zurück.
Ein halbes Jahr später hatte ich ein für meinen Kinderarzt „unklares“ Ekzem am Rücken, was er als Pilzerkrankung fehldiagnostizierte und mir völlig falsche Medikamente verschrieb. In Wirklichkeit handelte es sich nämlich wieder um eine Herpeserkrankung, die sich dann durch Nichtbehandlung wieder am ganzen Körper ausgebreitet hatte. Wieder musste ich für vier Wochen ins Krankenhaus und wurde massiv mit Kortison behandelt.
Nach dieser Fehldiagnose des Kinderarztes begriffen meine Eltern endlich, dass man bei Hauterkrankungen tatsächlich zu einem Hautarzt gehen sollte und dass Kortison vielleicht doch nicht so „böse“ ist… Allerdings war nach dem zweiten Krankenhausaufenthalt dank Kortisontherapie das Neurodermitisproblem nahezu erschlagen und tauchte kaum mehr auf. Endlich hatte ich Ruhe von der Qual – dank Kortison, denn so lassen sich Probleme lösen! Zumindest in meinem Fall hat das Kortison die Haut letztlich nachhaltig geheilt.
Dennoch sind psychische Folgen dieser versauten Kindheit geblieben, obwohl ich schon seit 12 Jahren nicht mehr direkt unter Neurodermitis leide. Ich fühle mich noch immer im wahrsten Sinne des Wortes in meiner Haut unwohl, bin sehr häufig körperlich und seelisch angespannt. Natürlich wurde ich auch in meiner Kindheit ein wenig gehänselt, glücklicherweise aber nicht massiv gemobbt. Dennoch war das schädlich für den Aufbau eines Urvertrauens.
Des weiteren konnte ich viele Aktivitäten als Kind nicht mitmachen, z. B. konnte ich nur selten ins Schwimmbad gehen, da das Chlorwasser meine Haut sehr gereizt hat. Sport war auch nur begrenzt möglich, da Schweiss auf der Haut ebenfalls zu einer Verschlimmerung der Hautsituation geführt haben. Als meine Erkrankung dann abgeklungen war, habe ich auch in Sachen Sport den Anschluss etwas verpasst.
Charakterlich bin ich introvertiert und häufig gehemmt, was ich auch auf die Neurodermitisqual zurückführe.
Auch verfüge ich trotz guten und gepflegten Aussehens über keinerlei Beziehungserfahrung, hatte also noch niemals eine Freundin, was aber auch an meiner asexuell-verklemmten Erziehung liegt – und eben an dem durch die Neurodermitis induzierten negativen Lebensgefühl. In meinem Leben war ich selten richtig glücklich, häufig habe ich depressive Phasen und leide unter Antriebslosigkeit.Und jetzt wird’s intim: ich vermute, dass die Neurodermitis mich irgendwie hormonell negativ beeinflusst hat, denn in meiner Pubertät war das Längenwachstum meines Gliedes mehr als dürftig, obwohl mein Erzeuger und mein Bruder über normales Längen verfügen, womit genetische Faktoren auszuschließen sind.
Ich weis nicht wie sich dieser relativ kurze Penis (11 bis 12 cm im erigierten Zustand, im schlaffen schwankende Länger, aber teils unter 5 cm) auf die Qualität des Geschlechtsverkehrs mit Frauen auswirken wird, ich befürchte aber, dass es problematisch werden könnte. Habe bisher nur Erfahrungen mit Callgirls, und da stehe ich ja nicht in Verantwortung, diese zu befriedigen.Alles in Allem: Ein nicht sonderlich tolles Leben. Da meine psychische Konstitution immer schlechter wird – ja ich fühle mich minderwertig und habe auch Selbstmordgedanken – habe ich beschlossen, mir psychologische/psychiatrische Hilfe zu holen. Nehme bereits Antidepressiva und werde möglicherweise auch eine Psychotherapie machen, um mein Leben besser in den Griff zu bekommen.
So, ich hoffe, euch nicht zu sehr geschockt zu haben mit dieser „Leidensgeschichte“, die besonders meine psychischen Spätfolgen aus der Neurodermitiserkrankung aufzeigt.
Schöne Grüße
Ezequiel
2. April 2008 um 15:23 Uhr #18736Hallo Ezequiel,
erstmal herzlich willkommen im Forum! Respekt vor deiner ehrlichen Geschichte, ich hoffe es hat dir gut getan, das mal niederzuschreiben! Wenn ich mal meine persönliche Meinung dazu äußern darf… Ich finde es super dass du dich in psychologische Hilfe begibst, denke das ist die beste Möglichkeit, mit dir und deinem Leben besser klar zu kommen. Im Stress&Psyche-Forum gibt es Threads über die psychische Belastung bei Neurodermitis, oder hier einer von mir:
https://www.neurodermitisportal.de/neurodermitis-forum/psychologische-behandlung-t545.html
Kannst ja mal reinschauen, aber ich denke wirklich, dass man gerade als Neurodermitiker bei einer Psychotherapie nur profitieren kann.An deiner momentanen Situation sind sicher noch andere Faktoren “schuld”, nicht nur die ND. Ich hab schon mein ganzes Leben lang ND, teilweise auch sehr schlimm, aber ich bin trotzdem sehr zufrieden mit meinem Leben und hatte auch schon mehrere Beziehungen. Drum könnte ich mir eher vorstellen, dass vielleicht deine Kindheit und die Beziehung zu deinen Eltern etwas zu deinem jetzigen Lebensgefühl beigetragen haben. Ferndiagnose ist natürlich immer schwierig, erst recht wenns um die Psyche geht, ich kenne dich ja gar nicht. Aber genau deswegen rate ich dir, mit einem Psychologen drüber zu reden! Eine Freundin von mir macht gerade auch eine Therapie, weil auch sie noch nie einen Freund hatte, und da bewegt sich langsam was. Ob die ND die Hormone beeinflusst weiß ich leider nicht.. Vielleicht weiß da ein Hautarzt mehr, hast du schon mal einen gefragt?
Wirklich, ich glaube du bist auf dem richtigen Weg, und ich wünsche dir dabei ganz viel Kraft und Erfolg! Ich denke jeder von uns ist durch die ND in irgendeiner Form psychisch etwas angeknackst, aber man kann wirklich lernen, damit zu leben, und da du ja nicht mal mehr Symptome hast, wirst du das sicher schaffen!
Liebe Grüße und alles Gute,
Helene
18. August 2008 um 20:19 Uhr #18737Hallo,
Du sprichst mir ein wenig aus der Seele, Kindheitsgeschichte sehr ähnlich, nur das meine Eltern mich sogar lieber zu irgendwelchen Wunderheilern schleppten als mir mal Cortison zu erlauben. Und ich wurde sehr gemobbt. Außerdem habe ich immer noch Neurodermitis, meistens aber in einem Maße, dass ich irgendwie damit umgehen kann, man gewöhnt sich ja an vieles. Ich habe auch ziemliche “Schäden” aus dieser Kindheit mitgenommen und ich denke nicht, dass ich irgendwann ein ganz normales Leben haben werde. Depressionen,Angstzustände, Psychopharmaka Abhängigkeit, SVV, 2 Selbstmordversuche und Borderline wurden 2000 diagnostiziert. Eine Therapie ist eine gute Entscheidung! Immerhin lebe ich die meiste Zeit mittlerweile ohne Antidepressiva und packe es die meiste Zeit gut. Ich habe mir damals selbst Hilfe gesucht und mich früh auf eigene Beine gestellt. Jetzt lebe ich in einer glücklichen Beziehung und mache immer regelmäßig Therapie, und die werde ich wohl auch ein leben lang brauchen, denn meine Haut ist einfach dünner^^. Ob ich mich je selbst lieben kann, ich bezweifle es, aber ich versuche mich nicht systematisch kaputt zu machen. Du bist auf dem richtigen Weg. Weiter so. Du bist nicht mehr der der du als Kind warst und kannst jetzt selbst bestimmen. Das ist doch was^^.
LG -
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