- Dieses Thema hat 7 Antworten sowie 6 Teilnehmer und wurde zuletzt vor vor 12 Jahren von Kaylen aktualisiert.
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9. November 2012 um 17:43 Uhr #8252
Wie ist das Leben, wenn man immer den Eindruck hinterlässt, ich schaffe alles. Ich kann alles. Was ist man für ein Mensch, wenn man für andere alles gibt, weil man sich selbst nicht mehr helfen kann? Wie fühlt man sich, wenn man weiß keiner sieht wie es in Dir aussieht. Wie wirkt man wenn man immer stark ist und auf einmal zusammenbricht. Kann man sein Leben mit einer Maske führen. Ja! Man kann. Ich bin Speziallist darin. Ich bin stark, ich bin immer für die Menschen die ich liebe da. Meine Familie meine Freunde. Ich bin es gerne ich stehe hinter diesen Leuten aus purer Leidenschaft. Ich würde alles tun um Schmerz und Leid von Ihnen zu nehmen. Aber ich zeige ihnen nicht wer ich wirklich bin.
Ich leide, ich leide in mir drin. Manchmal mehr manchmal weniger. Ich leide weil ich weiß, das ich mein leiden nicht ändern kann. Nein, ich habe keine psychischen Probleme. Nein ich habe nicht das Gefühl das ich kein Glück mehr spüren kann. Ich habe ganz andere Probleme. Ich bin 28 Jahre alt ich bin ein hübsches Mädchen ( Frau) ich habe Ausstrahlung und ich denke ich bin nicht unattraktiv. Aber nur solange man mir in Gesicht sieht. Wir nähern uns dem Sommer. Die Kleider werden kürzer. Es wird warm und man will schwimmen gehen. Ich will auch aber ich kann nicht. Ich habe von Geburt an eine schwere Hautkrankheit. Eine Krankheit die man nicht heilen kann. Ich war schon bei so vielen Ärzten habe alles versucht. Mein Leben wird dadurch bestimmt, das ich niemanden den Anblick antun will, der sich ergeben würde, wenn ich mich an einen See lege. Ich habe einen Gen defekt, der nicht erforscht ist. Was das bedeutet ist vielen nicht klar.
Ich lebe mit der Diagnose Neurodermitis. Ich lebe mit einer Diagnose die schnell ausgesprochen ist. Etwas das man erwähnt und die Menschen sagen ok aber wir mögen Dich trotzdem. Ich bin dankbar für diese Aussagen. Ich bin dankbar für das Gefühl, das es egal ist das ich diese Krankheit habe. Ich bin dankbar wenn es Winter ist.Aber der Winter ist vorbei.
Ich lebe in einem Kreislauf, der mir nicht helfen kann. Ich muss diesen Kreislauf aber leben um überhaupt einigermaßen zu Leben. Was das Bedeutet können nur ehrliche Worte vielleicht verständlich machen. Deswegen möchte ich einen Einblick in das Leben geben was ich führe. Ich möchte einen Einblick geben in ein Leben, das eine Spirale ist aus der man nicht herauskommt.
Mein Körper ist vernarbt. Mein Körper wird übersäht von offenen Wunden. Wunden die wie Löcher aussehen. Mal klein mal groß. Diese Wunden ziehen sich vom Nacken bis zu den Unterschenkeln. Der Rücken, der Hintern, die Oberschenkel. Alles ist übersäht von offenen, krustenden Wunden. Von Narben die noch davon zeugen das auch an diesen Stellen Wunden waren. Ein ausziehen bedeutet, das man Krusten mit abzieht, was auslöst, das die Haut wieder blutet. Ich möchte duschen gehen und schaue in den Spiegel. Ich sehe mein Gesicht und denke „du siehst gut aus“ Ich erhalte mir diese Illusion. Bitte Gehirn, gib mir nur eine Minute wo ich denke ich bin schön. Bitte gib mir dieses kurze Gefühl, das ich mich mag. Ich steige unter das Wasser und sofort beginnt dieser brennende Schmerz. Das Wasser tut weh. Automatisch reibe ich über die Stellen, was ich spüre? Wunden, Krusten, Blut. Jeden Tag. Immer wieder.
Ich steige aus der Dusche und creme mich ein. Was bleibt mir sonst übrig? Ich versuche meine Haut zu entspannen weil ansonsten, Risse entstehen würden, weil die Haut zu trocken ist.
Ich bin seit 4 Jahren ununterbrochen in Ärztlicher Behandlung. Ich war bei vielen Ärzten. Es wurde viel ausprobiert. Am Schluss hilft aber doch nur Cortison. Am Anfang bekommt man Cortison Cremen. Das ist ganz nett, nice to have. Bis man merkt es bringt nichts. Also bekommt man Tabletten. Auch nett. Aber es hilft nichts. Mittlerweile bekomme ich Cortison Spritzen. ABER ES HILFT NICHTS.
Aber es passiert was. Jetzt habe ich nicht nur eine hässliche Haut, die juckt und weh tut. Nein, jetzt werde ich auch noch dick. Ich habe 15 kg zugenommen. Ich bin jetzt mollig. Ich bin mollig und kann nichts dafür. Ich bin jetzt nicht nur das Mädchen mit dem hübschen Gesicht, was Wunden und Narben am Körper trägt. Nein, ich bin jetzt das Mädchen was Wunden und Narben am Körper trägt und mollig ist.
Das Umfeld sieht eine mollige junge Frau. „ Na wieder zu oft bei Mc Donalds gewesen?“ diesen Satz hat die Gesellschaft dazu beizutragen das man kein Model Typ ist.
Man nimmt seinen Mut zusammen und sagt „ Nein, ich bin krank.“ In dem Moment wo man das ausspricht schaut man die Leute an und sieht dieses Lächeln. Ein Lächeln voller Abscheu, voller Verrat ein Lächeln das einem sagt „ Natürlich, das sagen alle dicken Menschen“
Ich bin ja angezogen. Ich stehe vor Ihnen und sie können es nicht sehen. Ich leide, aber man sieht es nicht.Nach diesem eh schon schmerzlichen Erfahrung geht man nach Hause. Ich wohne im 4 Stock ohne Aufzug. Ich steige die Treppe hoch und bei jedem Schritt spüre ich meine Knie Gelenke. Es zieht es tut weh.
Natürlich tut es weh du bist ja schwerer. Ich kann die Stimmen fast hören die das sagen. Die Wahrheit ist, das Cortison greift meine Gelenke an. Meine Knochen werden dünner während ich immer dicker werde. Es tut weh, jeder Schritt. Wieder spüre ich nur eines Schmerz.Ich stecke in einem Kreislauf, der nicht zu durchbrechen ist. Egal wie ich mir helfen möchte, ich mache es nur noch schlimmer. Ich bekämpfe die eine Seite und vernichte eine andere Seite.
Wie lange, wird es noch dauern, bis meine Nieren nicht mehr mitmachen? Wie lange bis meine Leber anschwillt.Ich stecke in diesem Kreislauf und keiner kann mir helfen.
Das sind die körperlichen Auswirkungen. Aber hört es damit auf? Nein, damit fängt es gerade erst an.
Ich bin 28 Jahre alt. Ich bin eine Frau die sich gerne offen kleiden würde. Ich bin eine Mama die mit ihrem Kind gerne schwimmen gehen würde.
Ich bin Single.
Ich bin Single und ich würde mir gerne eine Beziehung wünschen. Ich werde angesprochen. Ich werde nicht übersehen.
Aber glauben sie wirklich, ich möchte es jemandem antun mich ohne Anziehsachen zu sehen?
Glauben sie wirklich ich möchte einem Mann eine Frau bieten, mit der im Sommer nicht schwimmen kann?Meine Krankheit beeinflusst mein ganzes Leben. Meine Krankheit, bringt mich in die Einsamkeit. Meine Krankheit macht mich unglücklich.
Ich bin eine wirklich liebevolle, lebenslustige, fröhliche, oft lachenden Frau.
Ich bin eine gute Mutter, eine tolle Freundin und eine starke Persönlichkeit.Aber am Ende, fühle ich mich hässlich. Würden sie, wie andere in meinem Alter, einfach mal Sex haben?
Wenn sie wissen was sie zeigen ohne Anziehsachen?
Mir wurde nicht nur meine Haut genommen. Mir wurde meine Figur genommen. Mir wurde ein Leben genommen. Mir wurde die Gesundheit genommen.Wieso ich das alles aufschreibe? Weil ich möchte, dass die Menschen sehen, was es bedeutet krank zu sein. Weil ich traurig bin, alleine bin und ich aus meiner Kraft sogar nichts dagegen tun kann, weil ich es keinem zumuten möchte.
Ich lebe, ich bin stark, ich bin glücklich, ich bin 28 Jahre alt ich lache ich lebe ich helfe…ich bin so unglücklich.
Katharina
10. November 2012 um 23:11 Uhr #46123@Kaylen 46946 wrote:
Wieso ich das alles aufschreibe? Weil ich möchte, dass die Menschen sehen, was es bedeutet krank zu sein.
Hier wissen wohl alle, wovon Du sprichst
10. November 2012 um 23:13 Uhr #46124Wozu zweimal derselbe Beitrag ???
12. November 2012 um 12:58 Uhr #46126Hier kennen viele das Problem, was du hast. Aber wichtig ist dabei, dass du immer du selbst bleibst und dich nie für andere änderst. Auch wenn ich viell. jetzt ein paar Hasser auf mich ziehe, aber meine Mum sagt mir öfter diesen Satz um mich aufzubauen. „Es hat einen Vorteil, nur so lernst du wahre Freunde kennen, die hinter dir stehen und dich so akzeptieren wie du bist“ Der Satz klingt zwar blöd, aber er ist die Wahrheit.
Und zuletzt ein Herliches Willkommen hier in diesem Forum 🙂 🙂
12. November 2012 um 16:46 Uhr #46127Danke Grünschnabel
ich gebe Dir Recht, das man in schweren Zeiten merkt, wer wirkliche Freunde sind.
Ich habe diesen Beitrag vor ein paar Monaten, in einer online Zeitung veröffentlicht, weil ich mehr aufmerksamkeit für die Krankheit wollte bzw weil mir niemand mehr helfen konnte und ich auf diesem Weg versucht habe einen Spezialisten zu finden
13. November 2012 um 18:15 Uhr #46125Liebe Kaylen
Zuersteinmal finde ich es sehr mutig von dir deine geheimen Gedanken so ehrlich hier in so einem offenen Portal auszusprechen. Auch wenn es die Gefahr birgt keine sensiblen Kommentare zu bekommen. So ging es hier meiner Tochter, die ihren Beitrag dann auch wieder hier gelöscht hat.
Dein Text, deine Gedanken machen mich sehr traurig und ich vermute du steckst in einem seelischen Tief . Ich glaube dir alles was du gesagt hast, weil ich genau das kenne nicht nur vor mir, sondern auch von einer meiner Töchter, die ich auch öfters trösten musste. Es hört sich auch an, dass du die ND sehr massiv hast. Du solltest unbedingt mit jemanden reden und dir noch mal Hilfe suchen. Evtl. eine Klinik die ohne Cortison arbeitet und die dich psychologisch auffängt. Viele haben hier von der Klinik in Neukirchen positiv berichtet. Wie ich aus der Krise gekommen bin habe ich bei hier gestern aufgeschrieben. Ich bin mir sicher, dass du deinen Weg findest und aus dieser Krise heraus kommst.
Ich bin für Fragen immer offen.
L.G Judita
14. November 2012 um 12:04 Uhr #46121Ich habe die beiden Themen zusammen geführt. Macht mehr Sinn 🙂
Kaylen mich hat dein Beitrag sehr berührt. Man kann sich gut mit identifizieren. Hast du Reaktionen bei der online Zeitung bekommen?
14. November 2012 um 20:18 Uhr #46122@laruku 47124 wrote:
Kaylen mich hat dein Beitrag sehr berührt. Man kann sich gut mit identifizieren.
Schön dass mal jemand den Beitrag von Kaylen so positiv bewertet hat. Habe selten einen so guten Artikel gelesen, der den Gefühlszustand einer schweren Neurodermitis so treffend beschreibt. Mir fehlt noch ein kleines bißchen das Bild im Spiegel am Morgen, aber sonst top!
Und zum Glück, dass in einer Kommentierung nur von „seelischem Tief“ gesprochen wird. Ich meine zuvor noch etwas anderes gelesen zu haben, was mich echt verärgert hätte.
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